Ich war am Eibsee. Diesen See als traumhaft zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Leider finde ich keine bessere Beschreibung: Er ist einfach zauberhaft und unglaublich schön. Touristen aus der ganzen Welt kommen hierher, um von diesem Ort aus den Schnee der Zugspitze zu erleben oder sich mit dem Tretboot auf das in prächtigen Farben leuchtende, kristallklare Wasser zu wagen. Normalerweise. Doch heute war alles anders.
Seit ich mit einem Teleobjektiv fotografiere, ist mir der Fokus wichtiger denn je geworden. Je nachdem, wie ich die Schärfe einstelle, bekomme ich ein völlig unterschiedliches Bild zu sehen. Wenn ich auf Nah fokussiere, wird der Hintergrund verschwommen. Bei Fernstellung erscheinen nahe Objekte nur als Fleck. Bei diesem Bild liegt der Fokus auf den Menschen im Boot. Der See wird ausgehend vom Boot leicht unscharf, der starke Regen manifestiert sich lediglich als Gestalter der Wasseroberfläche. Würde mein Fokus auf der Regenwand liegen, würde man das Boot und das Wasser nur erahnen können. Und dieses Bild ist großartig! Denn auch unser Inneres fokussiert oft, ohne uns zu fragen. Sehr oft auf die Regentropfen.
Den Spruch: „Regen im Urlaub“ habe ich für meine Mitarbeiter erfunden und immer wieder verwendet. Immer dann, wenn sie mit Dingen zu mir kamen, die zwar unpassend und erschwerend waren, sich jedoch leider nicht ändern ließen. Oft ärgerten sie sich über die Zentrale, unzuverlässige Lieferanten oder schwierige Kunden. Anstatt sie zu akzeptieren und trotz der offensichtlichen Probleme nach guten Lösungen zu suchen, fokussierten sie auf die Störung und wollten diese abstellen. Damit waren sie für andere Optionen blockiert. „Regen im Urlaub“ verwende ich für alle Dinge, die unangenehm sind, aber dennoch nicht zu ändern sind. Stattdessen sollte der Fokus geändert werden. Den Tag trotz Regens genießen. Sich nicht einmal ein bisschen ärgern. Lösungen suchen und mit dem Regen leben. Klar, kein Mensch braucht Regen im Urlaub. Doch leider kann kein Mensch den Regen abstellen. Und Ärger darüber raubt uns nur die Kraft, die wir dringend für die Lösungssuche benötigen.
Also beim nächsten Regen im Urlaub: Augen zu und durch oder Regenschirm auf und volle Kraft voraus.
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