„Rusz dupę!“ – zwei polnische Worte, die schlicht bedeuten: „Bewege deinen Arsch!“! Interessanterweise stammt dieses Zitat nicht aus Polen, es kommt von Jürgen Klopp, einem deutschen Fußballtrainer. Und was hat das mit dem Eisvogel und Führung zu tun? Fangen wir von vorne an.
Schon lange versuchte ich, einen Eisvogel zu fotografieren – diese farbenprächtigen, flinken Vögel, die meistens nur wie bunte Pfeile an mir vorbeischießen. Oft sitzen sie weit weg, im Gestrüpp versteckt, und glitzern verschwommen. Doch gestern war es anders. Endlich bot sich mir die Gelegenheit, klare und beeindruckende Fotos dieser prachtvollen Tiere zu machen. Ein plötzliches Loch im Geäst öffnete die Sicht auf die seit langem gesuchte Farbenpracht. So lange habe ich es versucht, so oft bin ich gescheitert. Heute bin ich dankbar – dankbar für die Schönheit um mich herum, dankbar für die Fotos, dankbar für den Moment. Aber es war nur möglich, weil ich mir heute wieder „Rusz dupę“ innerlich zugerufen habe und trotz der späten Stunde, des schlechten Lichts und der geringen Chancen mich auf den Weg gemacht habe, das Unmögliche zu versuchen.
Diese zwei Worte in dem Kontext verkörpern für mich, was wahre Führung ausmacht. Als Zitat sind für mich ein Leitstern – sowohl für die Selbstführung als auch für die Führung anderer.
Ich bin in Polen aufgewachsen und habe hier und dort „Rusz dupę“ gehört. Selten, denn die gebildeten Menschen in meinem Umfeld benutzten diese Redewendung nicht. Zu vulgär. Wie kommt aber einer der weltbesten Fußballtrainer zu diesem Spruch? Er hat ihn speziell für Robert Lewandowski gelernt. Lewandowski hat berichtet, dass er nicht nur ein bisschen Polnisch für ihn gelernt hat, sondern an ihn auch glaubte und ihn viele Jahre zu Weltstar trainierte. Er war wie ein Vater für ihn. Dass diese zwei Worte durch Stadien dieser Welt von einem deutschen Trainer gerufen wurden, zeigt für mich sein echtes Interesse an seinen Spielern, seine Nähe und Fürsorge, aber auch den Glauben an ihre Fähigkeiten. Und all das macht gute Führung aus.
Wer so „Rusz dupę“ ruft, meint damit: Ich sehe dich. Ich will das Beste für dich. Du kannst so viel mehr. Probiere es noch einmal. Wachse über dich hinaus. Sei nicht mit dem Erreichten zufrieden. Sei hungrig. Du hast es drauf. Aber auch: Noch mehr Leistung, bleib dran, mehr Einsatz, bring dich ein, leiste mehr. Dein Fleiß wird dich weiterbringen. Verändere die Welt. Gib nicht auf.
Seitdem ich die Aussage von Lewandowski in der Bild-Zeitung gelesen habe, ist „Rusz dupę“ zu einem wichtigen Spruch in meiner Führungsphilosophie geworden. Motivierend und zugleich fordernd, und das mit einem Hauch von Humor. Dieser Ausdruck bringt die Idee nachhaltiger Führung und Selbstführung prägnant auf den Punkt. Messerscharf zeigt sich darin ein Dreiklang, der jede Führungskraft prägen kann und sollte:
Zeige deinen Leuten in Worten und Taten, dass du sie wirklich kennst und respektierst. Investiere Zeit und Ressourcen, damit sie sehen und verstehen, wie wichtig sie dir sind. Eine der zentralen Aufgaben einer Führungskraft ist es, Mitarbeitenden das Gefühl zu geben, gesehen und wertgeschätzt zu werden. Nimm dir die Zeit, mehr über sie zu erfahren – nicht nur beruflich, sondern auch persönlich. Wie Klopp, der sich die Mühe machte, die Sprache und Kultur seiner Spieler zu verstehen, sollten auch wir als Führungskräfte die Hintergründe, Interessen und Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden kennen. Frage gezielt nach: „Wie war der Elternabend? Bist du mit dem neuen Fußboden zu Hause fertig? Ich habe gehört, du kommst aus dieser Region – ist es wirklich so gastfreundlich, wie man sagt?“ Solche konkreten Fragen und echtes Interesse wirken Wunder und schaffen Vertrauen.
Sieh deine Mitarbeiter als wertvolle Menschen und erkenne ihr Potenzial. Sieh die Chancen, die Fähigkeiten und Möglichkeiten, die in ihnen stecken, und hilf ihnen, diese zu entwickeln. Begleite sie auf ihrem Weg. Liebe sie. Es reicht nicht, dass Mitarbeitende nur vermuten, dass sie dir wichtig sind – sie müssen es spüren und immer wieder Beweise dafür sehen. Stell dir vor, deine Mitarbeitenden sind wie Pflanzen, und deine Worte der Wertschätzung sind der Regen für ihr Wachstum. Ohne Wertschätzung gehen Menschen ein.
Fordere sie liebevoll, aber mit Nachdruck, über sich hinauszuwachsen. Übe humorvoll Druck aus. Nichts wirkt besser, als wenn wir in der Lage sind, wichtige Inhalte in gute Scherze zu verpacken. Auch wenn uns dies nicht immer gelingt, müssen wir dennoch die Notwendigkeiten klar ansprechen und den Fokus der Leute schärfen. Ein Spruch wie „Rusz dupę“ zeigt unseren Glauben an die Fähigkeiten der Mitarbeitenden und appelliert humorvoll an sie, ihren inneren Schweinehund zu überwinden. Am Ende profitieren alle – die Mitarbeitenden wachsen, erreichen ihre Ziele besser, und auch unsere eigenen Ziele rücken näher. Genau das macht diesen Spruch in meinen Ohren so wunderschön.
Jetzt hast du den Schlüssel zu nachhaltiger und wirksamer Führung in der Hand. Wie ein Universalwerkzeug, ein Schweizer Taschenmesser, kann „Rusz dupę“ bei allen Führungsaufgaben angewendet werden – und es wirkt mächtig. Aber der Spruch kann noch viel mehr. Er kann dir als ständiger Begleiter in der Selbstführung dienen und dir den Weg weisen, um deine eigenen Grenzen zu erweitern und dein volles Potenzial zu entfalten.
Für mich ist Selbstführung die wichtigste Aufgabe im Leben, die Grundlage für jeden Erfolg. Früher habe ich dafür das Wort Disziplin verwendet, aber heute ziehe ich Selbstführung vor. Disziplin hat zwar eine ähnliche Bedeutung, ist aber härter in der Anwendung und bleibt oft unvollständig. Disziplin zwingt uns, etwas zu tun. Bei der Selbstführung hingegen übernehmen wir eine wohlwollende Rolle – als Trainer, Elternteil oder Berater für uns selbst. Wir kontrollieren, motivieren und, wenn nötig, korrigieren uns, so als wären wir jemand, der uns am Herzen liegt, als wären wir unser eigenes Kind. So rufen wir uns selbst liebevoll und mit einer Portion Humor „Rusz dupę“ zu.
Leider ist alles Gute im Leben mit Anstrengung verbunden. Ich hätte gern eine bessere Nachricht für dich, aber so ist es nun mal: Von allein entsteht nur der Zerfall. Selbst die starken Schwarzspechte brauchen Wochen, um Schlag für Schlag ihre etwa 50 cm tiefe Behausung in gesunde Bäume zu hauen – für sich und ihren Nachwuchs. Wenn sie das ständige Freiklopfen des Eingangs aufgeben, überwächst der Baum ihn, und das Zuhause ist verloren. Leben erfordert immer und immer wieder Anstrengung. Diese Wahrheit sehe ich nicht nur im Wald, sondern in jedem menschlichen Leben. Es ist wichtig, diese täglichen Mühen zu akzeptieren und sich ihnen zu stellen. Das Leben ist nicht dafür da, leicht und angenehm zu sein. Aber wenn wir vieles richtig machen, kann es wunderschön und erfüllend werden.
Führung erfordert die Kenntnis der anderen Person. Bei der Selbstführung ist es nicht anders – sie verlangt Selbstreflexion und Achtsamkeit. Nur wenn wir wissen, welche Stärken, Schwächen und Vorlieben wir haben, können wir an den richtigen Stellen ansetzen. Doch oft wissen wir überraschend wenig über uns selbst und erliegen denselben Fehlern wie schlechte Führungskräfte, die nur die Funktion und nicht den Menschen dahinter sehen. Dieser Mangel an Selbstkenntnis ist oft ein noch größeres Problem bei der Selbstführung als bei der Führung anderer. Wir gönnen uns selbst oft weniger als anderen, nehmen unsere Bedürfnisse nicht wahr, wissen oft nicht einmal, wann wir müde oder durstig sind, oder was uns Freude bereitet und welche unsere Ziele sind. Idealerweise sollten wir die Aufgaben, das Tempo und die Pausen schon im Vorfeld auf unsere Fähigkeiten und Bedürfnisse abstimmen, statt nur auf äußere Anforderungen zu reagieren.
Es ist ebenso wichtig, sich selbst für Fortschritte zu belohnen, wie Fehler als Lernchancen zu sehen. Selbstführung ist die Kunst, sich selbst achtsam und mit einer positiven Einstellung zu leiten. Erfolge sind gebührend zu feiern, und Fehler sollte man als notwendige Schritte zum Erfolg begreifen. Wir müssen uns selbst gut und fürsorglich führen, gerade weil Vorgesetzte oft nicht dazu in der Lage sind.
Egal, ob du wie ich als Selbständiger gar keinen Chef hast oder einen guten: Wir müssen uns selbst beständig führen. Kümmere dich gut um dich – das ist nicht egoistisch, sondern wichtig, um auch anderen zu helfen. Betrachte dich täglich mit etwas Abstand, so als wärst du dein eigener Angestellter: „Hat er alles erledigt? War er fleißig? Braucht er vielleicht eine Pause? Kann er die Ziele erreichen, oder müssen sie angepasst werden?“ Solche Fragen helfen, objektiv und fair mit sich selbst umzugehen. Und immer wieder muss ich mir selbst „Rusz dupę“ zurufen, um die Dinge zu erledigen, die mir gerade nicht leichtfallen.
Es wäre großartig, wenn uns dabei jemand helfen könnte – ein Mentor, der uns unterstützt und in unser Leben sprechen darf. Wenn ich zurückblicke, wünschte ich mir, mehr Menschen gehabt zu haben, die mir „Rusz dupę“ zugerufen hätten, Menschen, die an mich geglaubt und mich dazu ermutigt haben, über meine Grenzen hinauszuwachsen. Suche dir Mentoren für die wichtigsten Bereiche deines Lebens. Es wird sich lohnen!
Zwischendurch übernehme ich diesen Part kurz für dich: Ich glaube an dich. Die Welt braucht genau dich – mit deiner einzigartigen Vergangenheit und deinen wertvollen Erfahrungen. Erkenne, wer du wirklich bist, und werde immer besser. Du hast großartige Begabungen – entwickle sie. Du wirst in deinem Leben noch viel erreichen und die Welt positiv verändern. Also: Rusz dupę – mach dich auf den Weg und wachse über dich hinaus!
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